29
nächsten Augenblick in einem Tunnel verschwindet, da er sich nicht am
Felsen vorbeidrücken kann. Hier treibt ein Floß von ungeheurer Länge;
es bringt Schwarzwaldtannen und Bretter nach Holland. Die Ruderer
an beiden Enden bewegen die Steuer im Takte; sie sind froh, daß sie
beide Brücken bei Mainz ohne Anstoß durchfahren haben. Langgestreckte
Inseln liegen mitten im Strome, und Fahrzeuge aller Größen durchkreuzen
ihn längs und quer. Bald grüßt von einem hohen Felsen Burg Rhein-
stein herab, die sich Prinz Friedrich von Preußen aus Ruinen in alt-
ritterlicher Bauart herstellen ließ; man sieht die schmalen Fallbrücken,
welche den Einlaß in den Burghof gewähren. Kaum ist Nheiustein dem
Blick entschwunden, so taucht bereits Burg Sooneck vor uns auf.
Sanft gleitet das Schiff hin auf dem schönen, majestätischen Strome,
der auch im Sommer eine stattliche Wasserfülle behält, weil die 300
Gletscher an seiner Wiege gerade zur Zeit der Sonnenglut ihn reichlich
nähren. Von B a ch a r a ch schallt jetzt der Klang der Glocken herüber,
die zum Hochamt rufen, und bald hallen die Orgeltöne weihevoll über
die Wogen. Wie drängt sich da Reinicks Lied „Sonntag am Rhein" von
selbst auf die Lippen:
Des Sonntags in der Morgenstund', Und ernst in all die Herrlichkeit
wie wandert's sich so schön die Burg herniederschaut
am Rhein, wenn rings in weiter Rund' und spricht von alter, guter Zeit,
die Morgenglocken gehn. — die auf den Fels gebaut.
Ein Schifflein zieht auf blauer Flut,
da singt's und jubelt's drein;
du Schifflein, gelt, das fährt sich gut
in all die Lust hinein?
Das alles beut der prächt'ge Rhein
an seinem Rebenstrand
und spiegelt recht im hellsten Schein
das ganze Vaterland, —
Vom Dorfe hallet Orgelton, Das fromme, tteue Vaterland
es tönt ein frommes Lied; in seiner vollen Pracht,
andächtig dort die Prozession mit Lust und Liedern allerhand
aus der Kapelle zieht. — vom lieben Gott bedacht. —
Jetzt blicke zur Rechten! Kaub taucht auf. Wie ruft dieser Name
die geschichtliche Erinnerung wach an den alten Feldmarschall Vorwärts,
der in der Neujahrsnacht 1814 den Befehl erteilte und ausführte: „In
Frankreich hinein!" und der an der Übergangsstelle, in Erz gegossen, noch
heute dasteht, die Faust am Schwertgriff. Dort, wo ein Zug fauchend
aus dem schwarzen Felsentunnel hervorschießt, ist der L o r e l e i f e l s e n,
der sich schroff und steil au den Strom herandrängt. Fehlt ihm auch
ern dichtes grünes Kleid, so ist er dafür um so reicher mit Sagen umwoben.
Zur Zeit der Dämmerung und beim milden Glanze des Mondlichts ließ
sich früher eine holde Jungfrau mit goldenen Locken auf der Kuppe sehen,
die mtt so verlockender Stimme sang, daß viele Vorüberfahrende wie ver-
zaubert lauschten, Kiel und Steuer vergaßen und am Felsenriff zerschellten.
Der Sohn eines Pfalzgrasen wollte zu ihr dringen, tat den Sprung
aus dem Fahrzeug zu kurz und ertrank. Ein Bote des Vaters forderte
sie auf, sich in den Rhein zu stürzen; doch sie entgegnete: „Der Rhein
mag mich holen!" Da flogen zwei Wellen in Gestalt weißer Rosse zu
TM Hauptwörter (50): [T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T24: [Schiff Meer Insel Küste Land Fluß See Wasser Hafen Ufer], T7: [Erde Luft Sonne Wasser Himmel Berg Tag Licht Wolke Nacht]]
TM Hauptwörter (100): [T77: [Baum Nacht Himmel Wald Tag Gott Kind Vogel Sonne Blume], T1: [König Held Herz Mann Volk Siegfried Land Lied Hand Tod], T28: [Schiff Meer Wasser Land Küste Ufer Insel See Flut Welle], T76: [Stadt Straße Haus Schloß Kirche Gebäude Mauer Platz Garten Dorf]]
TM Hauptwörter (200): [T81: [Herz Himmel Gott Welt Lied Leben Auge Erde Land Nacht], T102: [Glocke Stimme Wort Hand Auge Ohr Kirche Ton Fenster Herr], T51: [Kind Himmel Nacht Sonne Tag Gott Wald Baum Blume Feld], T129: [Schiff Hafen Flotte Meer Küste Fahrzeug See Kriegsschiff Land Dampfer], T6: [Berg Fuß Höhe Gipfel Gebirge Schnee Meer Fels Ebene See]]
Extrahierte Personennamen: Friedrich_von_Preußen Friedrich
Extrahierte Ortsnamen: Holland Mainz Burg_Rhein- Burghof Rhein" Rhein Rhein Kaub Frankreich Kiel Rhein Rhein
31
Wie bückst du so fest auf den Strom, für den du so manche Lanze ge-
brochen! „Deutschlands Strom, nicht Deutschlands Grenze!" so sprachst
und schriebst du in trüber Zeit. Ja, wer nur die kleine Strecke von
Mainz bis nach Bonn mit den Augen des Leibes oder auch nur des
Geistes gesehen, der begreift, daß wir unsern Vater Rhein nie im Stiche
lassen dürfen, „solang em Tropfen Blut noch glüht, noch eine Faust den
Degen zieht und noch ein Arm die Büchse spannt". Ludwig Gäbler.
22. Berlin, die deutsche Kaiserstadt.
Berlin, die Hauptstadt des preußischen Staates und Residenz des
Deutschen Kaisers, steht bei einer Bevölkerung von mehr als 2 Millionen
an dritter Stelle unter den Städten Europas und ist zugleich einer
der bedeutendsten Handels- und Jndustrieplätze Deutschlands. Keine
-große Stadt Europas hat jemals in so kurzer Zeit einen solchen
Aufschwung genommen wie Berlin in den letzten Jahrzehnten.
Dieses rasche Emporblühen dankt es vor allem der gewaltigen Ent-
wicklung Preußens und Gesamtdeutschlands. Darum trägt Berlin,
dessen Weichbild 63 qkm umfaßt, einen durchaus modernen Charakter.
Ein reiches wirtschaftliches Leben durchflutet es; das zeigt uns ein
Rundgang durch die Stadt, insbesondere durch die Leipziger Straße
und Friedrichstraße mit ihren großen Geschäftshäusern, den prunkvollen
Läden und dem großstädtischen Menschengewühle. Die vornehmste
Straße und der Brennpunkt des politischen Lebens der Kaiserstadt
ist die Straße „Unter den Linden".
Diese Straße ist von alters her der Stolz Berlins. Sie ist
30 m breit und hat eine vierfache Reihe von Linden und Kastanien,
die eine breite Promenade, Reit- und Fahrwege einschließen. Be-
sonders lebhaft wird der Verkehr um die Mittagszeit und in der;
Nachmittagsstunden, namentlich an Sonn- und Feiertagen, oder wenn
kaiserliche Wagen eine Auffahrt bei Hofe melden und Fürsten und
Gesandte in ihren Prunkwagen dem Schlosse zujagen. Ein großartiges
Bild zeigt die Straße, wenn sie sich im Festesglanze zeigt, wenn
Tore und Häuser mit Kränzen und Fahnen geschmückt sind, wenn
Ehrenpforten sich erheben und eine wogende Volksmenge jubelnd dem
Einzug haltenden Herrscherpaare oder dem siegreich zurückkehrenden
Heere ihre Glückwünsche entgegenbringt. So hielten 1864 hier ihren
Einzug die Düppel- und Alsenstürmer und zwei Jahre später die aus
Böhmen und vom Main heimkehrenden siegreichen Scharen. Die
Krone solcher Einzüge war aber jener Ehrentag, als 1871 derselbe
König, dessen Heere bei Düppel und Königgrätz gesiegt hatten, seine
Hauptstadt als Deutscher Kaiser wiedersah, umgeben vom Kronprinzen
Friedrich Wilhelm, von Bismarck und Moltke. Ein anderes Bild
zeigte der 16. März des Jahres 1888. Schwarzer Flor umhüllte die
bunten Fahnen, und ein Trauerzug bewegte sich vom Kaiserlichen
Schlosse nach Westen hin zum Brandenburger Tore. Von hier
TM Hauptwörter (50): [T3: [Stadt Schloß Straße Berlin Kirche Haus Gebäude Platz Garten Universität], T28: [Schlacht Heer Feind Mann Armee Napoleon Franzose General Truppe Preußen]]
TM Hauptwörter (100): [T76: [Stadt Straße Haus Schloß Kirche Gebäude Mauer Platz Garten Dorf], T38: [Friedrich Wilhelm König Kaiser Iii Prinz Jahr Preußen Vater Sohn], T51: [Armee General Schlacht Franzose Truppe Mann Feind Heer Metz Preußen], T4: [Handel Land Industrie Stadt Verkehr Gewerbe Ackerbau Viehzucht Deutschland Zeit], T16: [Ende Körper Strom Bild Hebel Hand Auge Wasser Gegenstand Seite]]
TM Hauptwörter (200): [T122: [Stadt Hamburg Handel Berlin Bremen Lübeck London Deutschland Frankfurt Verkehr], T25: [Stadt Schloß Straße Garten Berg Dorf Nähe Park Ufer Haus], T156: [Schlacht Sieg Feind Heer König Mann Kampf Tag Tapferkeit Franzose], T35: [König Bismarck Wilhelm Kaiser General Minister Stein Berlin Graf Moltke], T169: [Hand Kreuz König Krone Schwert Zeichen Haupt Gold Mantel Kaiser]]
Extrahierte Personennamen: Ludwig_Gäbler Ludwig Friedrich_Wilhelm Friedrich Wilhelm Bismarck Moltke
Extrahierte Ortsnamen: Deutschlands Mainz Bonn Rhein Berlin Berlin Europas Deutschlands Europas Berlin Gesamtdeutschlands Berlin Berlins Main
33
Kehren wir nun durch das Brandenburger Tor zur Straße
* Unter den Linden" zurück und durchschreiten wir diese nach Osten
hin, so erblicken wir neben einfacheren Privatgebäuden mit herrlichen
Geschäftsläden stattliche Paläste, die teils von Vornehmen des Reiches
und ausländischen Gesandten bewohnt werden, teils Dienstgebäude
preußischer Ministerien sind. Der Glanzpunkt der Sttaße ist aber
der östliche Teil. Hier zieht zunächst das 13 m hohe Denkmal
Friedrichs des Großen von Rauch die Blicke auf sich. Es zeigt uns
den großen König mit Dreimaster und Krückstock.
Neben dem Denkmal steht das Kaiserliche Palais, das
seinerzeit Kaiser Wilhelm I. bewohnte. Sobald damals die aus
dem Palais wehende Purpurstandarte seine Anwesenheit anzeigte, sah
man täglich zur Mittagszeit um das Denkmal dichtgedrängte Menschen-
massen stehen. Wilhelm I. unterließ es nie, von dem berühmten
Eckfenster aus der um diese Zeit hier vorüberziehenden Wache zuzusehen
und sich dabei der erwartungsvollen Menge zu zeigen, die ihn mit
lauten Hochrufen begrüßte. Mancher hat von dieser Stelle aus das
Bild des greisen Helden, in dessen Zügen sich Ernst und Leutseligkeit
vereinigten, mit in die Heimat genommen.
Hier enden die Linden, und die freie Straße erhält die Namen:
Platz am Opernhause und Platz am Zeughause. Zu beiden Seiten
stehen hier hervorragende Gebäude: die Königliche Bibliothek,
das Opernhaus und das Palais der Kaiserin Friedrich,
die Akademie, die Universität, die Königswache und
das Zeughaus mit der durch Kaiser Wilhelm I. begründeten groß-
artigen Waffensammlung. Alle diese Gebäude sind durch Sttaßen,
Plätze oder Baumanlagen, von denen die größte das Kastanienwäldchen
heißt, voneinander getrennt. An der Straße selbst stehen die von
Rauchs Meisterhand herrührenden Standbilder der Kämpfer aus den
Freiheitskriegen: Blücher, Gneisenau, Bülow und Scharnhorst.
Wir betreten jetzt die Schloßbrücke, die über den westlichen
Spreearm führt. Die Brücke ist mit acht Marmorgruppen geschmückt,
welche das Leben des Kriegers darstellen. Pallas unterrichtet den
Jüngling in den Waffen, Nike krönt den Sieger, und Iris führt den
gefallenen Sieger zum Olymp. Vor uns liegt der Lustgarten mit
dem mächtigen Kaiserlichen Schloß, dem Dom und dem Alten
Museum.
Auf dem Kaiserlichen Schlosse weht die stolze Kaiser-
flagge und zeigt uns an, daß Wilhelm Ii. darin Wohnung genommen.
Das Schloß hat einen bedeutenden Umfang. Es bildet ein Rechteck von
200 m Länge und 117 m Breite, hat zwei Höfe und erhebt sich in
vier Geschossen 30 m, in der Kuppel bis zu 70 m hoch. Vier Jahr-
hunderte haben daran gebaut. Seine heutige Gestalt ist im wesent-
lichen ein Werk des großen Bildhauers und Baumeisters Schlüter,
der unter dem Könige Friedrich I. namentlich die herrliche, dem
Schloßplatz zugewendete Südfront baute. Unter Friedrich Wilhelm Iv.
Lesebuck f. Fortbildungsschulen rc. Allg. Teil. Z
TM Hauptwörter (50): [T3: [Stadt Schloß Straße Berlin Kirche Haus Gebäude Platz Garten Universität]]
TM Hauptwörter (100): [T76: [Stadt Straße Haus Schloß Kirche Gebäude Mauer Platz Garten Dorf], T13: [Kirche Dom Zeit Bau Denkmal Kunst Tempel Bild Werk Stadt], T38: [Friedrich Wilhelm König Kaiser Iii Prinz Jahr Preußen Vater Sohn], T19: [Feind Pferd König Mann Soldat Reiter Uhr Wagen Kanone Offizier]]
TM Hauptwörter (200): [T0: [Kirche Haus Gebäude Stadt Straße Säule Platz Fenster Seite Palast], T199: [Universität Berlin Bibliothek Leipzig Schloß München Jahr Museum Schule Gymnasium], T157: [Friedrich Wilhelm Iii Kaiser König Karl groß Preußen Kurfürst Jahr], T102: [Glocke Stimme Wort Hand Auge Ohr Kirche Ton Fenster Herr], T156: [Schlacht Sieg Feind Heer König Mann Kampf Tag Tapferkeit Franzose]]
Extrahierte Personennamen: Friedrichs Wilhelm_I. Wilhelm_I. Ernst Friedrich Friedrich Wilhelm_I. Rauchs_Meisterhand Wilhelm Friedrich_I. Friedrich_Wilhelm Friedrich Wilhelm
202
zu bezahlen. »loh bin ja niemand etwas schuldig“, antwortete
er. »Ihr habt aber einen Wechsel für einen guten Bekannten
unterschrieben,“ erwiderte man ihm; »den müßt ihr jetzt ein-
lösen, ihr mögt wollen oder nicht.“ Voller Angst zog nun der
Landmann einen Rechtsgelehrten zu Rate. Dieser konnte ihm
aber nicht helfen; denn die einmal gegebene Unterschrift hatte
Gültigkeit. Der Landmann mußte bezahlen und fast sein ganzes
Vermögen aufopfern. Elsässer Lesebuch.
90. Eine wohlverdiente Lehre.
Wie man übertrieben gefälligen Geschäftsleuten gegenüber zu ver-
fahren hat, hat einmal der verewigte deutsche Kaiser Friedrich Id. als
Kronprinz aufs nachahmungswerteste gezeigt. 1867 hielt er sich mit
seiner Gemahlin in dem Schloß Erdmannsdorf aus. Das kronprinzliche
Paar besuchte häufig das nahe Warmbrunn und machte dort Einkäufe.
So kam es einst auch in den Laden eines Spielwarenhündlers, um
für Prinz Wilhelm, den jetzigen Kaiser, Kleinigkeiten auszuwählen. Der
Kronprinz hatte Schaukelpferd, Säbel, Helm, Patrontasche sich ausgesucht;
der hohe Herr verlangte nun die Rechnung. „Aber das hat ja Zeit,
Königliche Hoheit," sagte, sich tief verneigend, der Kaufmann. „Nichts
da, mein Bester, ich borge nicht," versetzte der Kronprinz, „was kosten
die Sachen?" Der Händler, welcher dem fürstlichen Besuche gegenüber
fürstliche Preise machte, rechnete nun für die Gegenstände eine unver-
hältnismäßig hohe Summe aus. Da klopfte ihm der Kronprinz auf die
Schulter und sagte: „Das ist für meine Verhältnisse zu viel; da wird mein
Junge vorläufig noch auf die Spielsachen verzichten müssen." Sprach's,
bot der Kronprinzessin den Arm, ließ den Kaufmann verblüfft stehen und
besorgte im Nebenladen seine Einkäufe. Dr. Schramm-Macdonau»,
91. An der Berliner Börse.
Wir kommen gegen zwölf Uhr mittags in Berlin über die monumen-
tale Kaiser-Wilhelm-Brücke und sehen drüben jenseits des Spreearms, fast
genau gegenüber dem Gebäude des Neuen Doms, den Koloß der Berliner
Börse. Ein auffallend starker Verkehr von Droschken und Privatequipagen,
die sämtlich vor dem großen Säulengang halten, belehrt uns, daß die
Geschäftsstunden der Börse begonnen haben. Wir lösen Eintrittskarten
gegen geringes Entgelt und öffnen die Tür, die vom Korridor durch
einen kurzen Seitengang nach der Galerie führt.
In dem Augenblick aber, in dem wir die Hand auf die Klinke der
Tür gelegt haben, ziehen wir sie erschrocken zurück. Ein gellendes
Schreien und Rufen beängstigender Art tönt uns entgegen. Es klingt,
als schrien in furchtbarster Todesangst tausend Menschen auf einem
sinkenden Schiff. Angst und Neugier treiben uns aber vorwärts, im
nächsten Augenblick stehen wir auf der schmalen Börsengalerie, und ei»
TM Hauptwörter (50): [T5: [Haus Tag Kind Hand Herr Tisch Mann Fenster Wagen Pferd], T3: [Stadt Schloß Straße Berlin Kirche Haus Gebäude Platz Garten Universität], T39: [Jahr Million Geld Mark Arbeiter Arbeit Zeit Summe Staat Thaler]]
TM Hauptwörter (100): [T36: [Million Mark Jahr Geld Thaler Mill Summe Wert Gulden Pfund], T87: [Tag Tisch Haus Frau König Mann Gast Herr Hand Abend], T76: [Stadt Straße Haus Schloß Kirche Gebäude Mauer Platz Garten Dorf], T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel], T19: [Feind Pferd König Mann Soldat Reiter Uhr Wagen Kanone Offizier]]
TM Hauptwörter (200): [T39: [Million Mark Geld Jahr Summe Steuer Thaler Staat Ausgabe Einnahme], T50: [Haus Pferd Bauer Herr Wagen Mann Tag Kind Weg Leute], T61: [Wilhelm Friedrich Prinz König Luise Jahr Königin Gemahlin Prinzessin Kaiser], T81: [Herz Himmel Gott Welt Lied Leben Auge Erde Land Nacht], T196: [Tisch Tag König Hand Wein Herr Haus Gast Abend Frau]]
Extrahierte Personennamen: Friedrich_Id Friedrich Wilhelm
Extrahierte Ortsnamen: Schloß_Erdmannsdorf Berliner_Börse Berlin Berliner
Börse
203
im wahrsten Sinne des Wortes betäubender Lärm dringt zu unz
herauf. Über das weiße Marmorgeländer hinunter sehen wir in einen
Saal, in welchem aufgeregte, schreiende Menschen durcheinauderwirbeln,
sich in Gruppen zusammendrängen, besonders in einer Ecke in lebens-
gefährlichem Gedränge sich stauen. Hunderte, Tausende von Händen sieht
man in die Luft gestreckt, Tausende von Menschen schreien, und der
Widerhall, zurückgeworfen von der gewölbten Decke des mehr als drei
Etagen hohen, riesenhaft langen Saales, dröhnt in unsere Ohren wie das
Summen und Surren einer großen Dynamomaschine.
Es geht jedem Besucher so, der zum erstenmal auf die Börsengalerie
tritt. Er braucht einige Zeit, um sich zu sammeln, um sich an die auf
das Ohr einstürmenden Töne zu gewöhnen, ja um ein gewisses Angst-
gefühl loszuwerden. Der mächtige Saal da unten, der größte Berlins,
in dem wohl bequem zehntausend Menschen Platz hätten, ist in drei gleich-
große Teile durch Säulenreihen geteilt, und unten bewegen sich jetzt in
der Börsenzeit zwischen zwölf und drei Uhr gleichzeitig ungefähr 3500
Personen. Da jedoch einzelne von ihnen nur kürzere Zeit bleiben und
durch Neuankommende ergänzt werden, Verkehren in der Börsenzeit un-
gefähr 6000 Personen in dem Saale.
Lassen wir zunächst den äußeren Eindruck auf uns wirken! In der
nach Norden gelegenen Abteilung, deren Galerie wir zuerst betraten, geht
es am lautesten zu, herrscht der meiste Verkehr. Schreiten wir auf der
langen, schmalen Galerie an der Westseite des Riesenbaues weiter, so ent-
decken wir, daß in der zweiten Abteilung eine fast vornehme Ruhe herrscht
und daß in der dritten eigentlich gar nichts los ist. Diese dritte Ab-
teilung diente früher den Zwecken der Produktenbörse, welche infolge von
Streitigkeiten zwischen der Regierungsvertretung und den Börsenleuten ge-
schlossen war und deren Wiedereröffnung erst vor kurzem erfolgte. Hier geht
es recht friedlich zu. Man sieht nur kleine sich unterhaltende Gruppen,
und das furchtbare Geschrei und Getöse aus der nördlichen Abteilung
dringt nur gedämpft, aber immer noch deutlich genug zu uns herüber.
Leicht ist es allerdings nicht, für alles eine Erklärung zu geben, und
es ist für den Laien recht schwer, in das Wesen der Dinge einzudringen,
die sich da unten abspielen.
Was machen die viertausend Menschen da unten im Börsensaal?
Die Antwort lautet: Sie kaufen und verkaufen. Sie kaufen und ver-
kaufen Werte und Wertpapiere, und die ganze Börse ist nichts als ein
Markt, dessen Waren nicht Produkte der Natur oder der Menschenhand
sind, sondern Geld. Geld wird gekauft und verkauft, mit Geld wird
gehandelt. Die Börse da unten ist, wenn man von der Produktenbörse
absieht, lediglich eine Effektenbörse, und unter Effekten versteht man
Papiere, welche einen gewissen Geldeswert darstellen, also Staatsschuld-
. scheine, Aktien von Bergwerken, Brauereien, Hütten, Transportanstalten usw.
Dieses Effektengeschäft aber an der Börse ist ein doppeltes, ein effek-
tives und ein Differenzgeschäft. Wenn sich jemand eine gewisse
Summe Geldes gespart hat, sagen wir fünfhundert Mark, so versucht er,
TM Hauptwörter (50): [T39: [Jahr Million Geld Mark Arbeiter Arbeit Zeit Summe Staat Thaler], T7: [Erde Luft Sonne Wasser Himmel Berg Tag Licht Wolke Nacht], T5: [Haus Tag Kind Hand Herr Tisch Mann Fenster Wagen Pferd]]
TM Hauptwörter (100): [T36: [Million Mark Jahr Geld Thaler Mill Summe Wert Gulden Pfund], T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele], T91: [Haus Fenster Wand Stein Dach Zimmer Holz Feuer Raum Decke], T76: [Stadt Straße Haus Schloß Kirche Gebäude Mauer Platz Garten Dorf], T77: [Baum Nacht Himmel Wald Tag Gott Kind Vogel Sonne Blume]]
TM Hauptwörter (200): [T39: [Million Mark Geld Jahr Summe Steuer Thaler Staat Ausgabe Einnahme], T0: [Kirche Haus Gebäude Stadt Straße Säule Platz Fenster Seite Palast], T12: [Wagen Wasser Stein Rad Fuß Maschine Pferd Bewegung Hand Schiff], T102: [Glocke Stimme Wort Hand Auge Ohr Kirche Ton Fenster Herr], T136: [Leben Mensch Geist Natur Zeit Volk Welt Kunst Sinn Wesen]]
207
„Und weiß denn der Makler, wer die Leute alle sind?"
„Gewiß, die Makler kennen alle Geschäftsleute persönlich. Sie kennen
auch die Angestellten der großen Häuser, die für ihre Chefs hier Auf-
träge geben. Sie sehen die Chefs da ruhig auf ihren Plätzen sitzen. Die
Herren empfangen fortwährend Depeschen oder Nachrichten von ihren An-
gestellten und lassen durch letztere kaufen oder verkaufen, fei es für sich,
sei es für ihre Kundschaft."
„Sie sagten vorhin: London meldet fest. Haben die anderen Börsen
während der Geschäftszeit auch hier in Berlin Einfluß?" fragen wir
unsern Führer.
„Ganz gewiß, und zwar einen sehr bedeutenden Einfluß. London
und Paris, in zweiter Linie Neuyork und Wien, haben für Berlin die
denkbar größte Bedeutung. Wegen des Zeitunterschiedes mit Amerika ist
ja in Neuyork nicht gerade Börsenzeit, wenn in Berlin die Börse geöffnet
ist, aber die Neuyorker Kurse der letzten Börse haben doch hier Einfluß,
noch mehr aber die .Stimmung' in London und Paris. Wenn auch die
hiesige Börse zuerst geschäftslustig und fest ist, so flaut sie doch ab, wenn
.matt London' und ,matt Paris' gemeldet wird. Wenn die Spekulanten
auch nicht wissen, weshalb die auswärtigen Börsen verstimmt sind, so
fürchten sie doch, daß etwas Schlimmes, Gefährliches in der Lust liegt."
Unser Begleiter ist nach dem Börsensaale gerufen worden, und wir
folgen ihm. Aus Transvaal sind schlechte Nachrichten für England ein-
getroffen. Niemand weiß, ob diese Nachrichten wahr sind. Aber die
englischen Papiere, besonders die Goldshares (Anteile an den südafrikanischen
Goldminen) fallen sofort. Kurze Zeit darauf kommt die Nachricht, daß
die Londoner Börse flau geworden. Die schlechten Nachrichten scheinen
also wahr zu sein; den Spekulanten gehen Millionen verloren.
„Gibt es in solchen Augenblicken denn gar keine Rettung für den
Spekulanten?" fragen wir.
„Er kann sich .drehen', wie der Kunftausdruck lautet. Er kann in
solchem Falle, wenn er n ln ünnsse spekuliert hat, plötzlich n In dnisss
spekulieren, um an der Baisse eventuell zu verdienen, was er au der Hausse
verliert. Aber auch das .Drehen' ist ein gefährliches Ding, der richtige
Zeitpunkt dafür ist manchmal in fünf Minuten vorbei, und nur wer hier
im Saale anwesend ist, kann sich so zu helfen suchen; der kleine Spekulant
in der Provinz ist in solchem Falle verloren."
Zwischen den Pfeilern an den beiden Langwänden des Saales be-
finden sich Nischen, welche, wie man uns belehrt, für schweres Geld an
die großen Banken vermietet sind. Hier sitzen die Direktoren und Pro-
kuristen der Banken mit ihrem Börsenstab, hier gehen stoßweise die De-
peschen ein, und von hier aus gehen die Weisungen für Kauf und Verkauf
an die Makler.
Es ist bald zwei Uhr, wir wollen die Börse verlassen, um zwei Uhr
schließt so wie so die offizielle Börse, die inoffizielle dauert bis drei Uhr,
und wenn dann eifrige Geschäftsleute noch nicht gehen wollen, werden sie
von den Dienern „hinausgeläutet".
TM Hauptwörter (50): [T39: [Jahr Million Geld Mark Arbeiter Arbeit Zeit Summe Staat Thaler], T3: [Stadt Schloß Straße Berlin Kirche Haus Gebäude Platz Garten Universität], T5: [Haus Tag Kind Hand Herr Tisch Mann Fenster Wagen Pferd]]
TM Hauptwörter (100): [T36: [Million Mark Jahr Geld Thaler Mill Summe Wert Gulden Pfund], T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele], T32: [Tag Jahr Monat Mai Juli März Juni April Ende Oktober], T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel], T76: [Stadt Straße Haus Schloß Kirche Gebäude Mauer Platz Garten Dorf]]
TM Hauptwörter (200): [T39: [Million Mark Geld Jahr Summe Steuer Thaler Staat Ausgabe Einnahme], T122: [Stadt Hamburg Handel Berlin Bremen Lübeck London Deutschland Frankfurt Verkehr], T196: [Tisch Tag König Hand Wein Herr Haus Gast Abend Frau], T175: [Mensch Leben Natur Körper Seele Tier Thiere Arbeit Erde Pflanze], T3: [Hebel Last Brief Ende Gewicht Rolle Gleichgewicht Punkt Seite Fig]]
Extrahierte Ortsnamen: London Berlin London Paris Wien Berlin Amerika Neuyork Berlin London Paris London Transvaal England Goldshares
203
Das war unser erster Besuch an der Börse, mit dem wir uns be-
gnügen wollen. Von dem einen Besuch aber möge der Leser, der ihn
im Geiste mitgemacht hat, den festen Vorsatz mitnehmen, nicht an der
Börse zu spielen, das heißt zu spekulieren. Das Spekulieren ist viel
schlimmer als Monaco und für den Spekulanten, der nicht täglich an
die Börse geht, geradezu eine Narrheit. osu« m°ußm°nn.
92. Das Reisen sonst und jetzt.
Zu Anfang des vorigen Jahrhunderts verstand es sich ganz von selber,
daß es jedem guten Bürger, der seinen Heimatort einmal auf einige Tage
verlassen und eine Reise antreten mußte, höchst vernünftig vorkam, hierzu
die Erlaubnis der hohen Behörde nachzusuchen und sich von ihr einen
recht hübsch gedruckten und wohlgestempelten Bogen auszubitten, den mau
Reisepaß nannte. Darin stand denn angemerkt, daß der gute Bürger
ein ganz ordentlicher, anständiger Mensch sei, der die Erlaubnis erhalten
habe, innerhalb einer genau angegebenen Zeit eine Reise nach Dingskirchen
zu machen. Sehr gewissenhaft war auch darin der „Zweck der Reise"
notiert; denn die Behörde mußte doch wissen, weshalb ein guter Bürger
zu dem sonderbaren Entschluß gekommen sei, sich von seinem Heimatort
zu entfernen. Um jede Verwechselung zu vermeiden, wurde sorgsam sein
Name, sein Geburtsort, sein Alter, seine Statur, sein Aussehen von Kopf
bis Fuß in dem Druckbogen verzeichnet; selbst die Warze auf der Wange,
das Schielen mit einem oder mit beiden Augen und andere „besondere
Kennzeichen" wurden von dem gewissenhaften Beamten angemerkt.
Die Dienstfertigkeit der Behörden war oft so groß, daß es unter
günstigen Umständen schon vierundzwanzig Stunden nach seinem Gesuch
um einen Paß einem guten Bürger möglich wurde, seine Reise anzutreten.
Wenn er dann mit seinem guten Fuhrwerk ganze acht Meilen den Tag
über zurückgelegt hatte und am Abend seinen Paß am Tor der fremden
Stadt der Polizeiwache vorzeigte, nachdem er bloß zweimal auf der Land-
straße von Gendarmen angehalten worden war, um sich zu legitimieren,
so pries er Gott für den Segen, in einem zivilisierten Staate zu wohnen,
und schlief im Gasthof mit dem schönen Bewußtsein ein, daß er trotz der
weiten Entfernung von der Heimat geborgen sei, weil das Auge der
Obrigkeit über ihm wache.
Im zweiten Jahrzehnte des 18. Jahrhunderts kam die Fahrpost auf,
die nicht bloß am Tage, sondern auch nachts sechs mit Pässen wohl
legitimierte Passagiere im Hauptwagen und zuweilen — wenn die Reise-
lust sehr groß war — in einem oder gar zwei Beiwagen je vier Passa-
giere in die Welt hinaus beförderte. Ja, es gab Tage, wo die Post-
halter in den kleinen Städten auf der Hauptstraße des Reiseverkehrs
erschreckt und überrascht wurden durch drei Beiwagen, die weiter befördert
werden mußten. Aber die gute Ordnung unseres Staatswesens half auch
in solch außerordentlichen Fällen über alle Verlegenheiten der Posthalter
TM Hauptwörter (50): [T39: [Jahr Million Geld Mark Arbeiter Arbeit Zeit Summe Staat Thaler], T5: [Haus Tag Kind Hand Herr Tisch Mann Fenster Wagen Pferd], T45: [Zeit Mensch Leben Kunst Sprache Wissenschaft Natur Wort Geist Lehrer]]
TM Hauptwörter (100): [T45: [Kind Lehrer Wort Schüler Buch Unterricht Schule Frage Buchstabe Zeit], T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele], T76: [Stadt Straße Haus Schloß Kirche Gebäude Mauer Platz Garten Dorf], T19: [Feind Pferd König Mann Soldat Reiter Uhr Wagen Kanone Offizier], T72: [Bauer Arbeiter Steuer Jahr Stadt Staat Abgabe Gemeinde Land Verwaltung]]
TM Hauptwörter (200): [T183: [Kind Lehrer Schüler Unterricht Schule Frage Stoff Aufgabe Zeit Geschichte], T110: [Tag Jahr Stunde Nacht Monat Uhr Zeit Winter Sommer Juni], T50: [Haus Pferd Bauer Herr Wagen Mann Tag Kind Weg Leute], T52: [Arbeiter Arbeit Zeit Betrieb Jahr Fabrik Maschine Staat Preis Kapital], T142: [Stadt Dorf Mauer Haus Burg Straße Kirche Schloß Graben Zeit]]
279
So verkündet in begeisterten Worten der Dichter das Lob der säch-
sischen Haupt- und Residenzstadt Dresden. Und mit Recht!
Der im Mittelalter von den Sorben angelegte Ort mag jetzt etwa
tausend Jahre alt sein; sein Ursprung ist, wie der der meisten Städte, in
sagenhaftes Dunkel gehüllt.
Schon frühzeitig hatte Dresden als wichtiger Verkehrsort große Be-
deutung. Nicht zum wenigsten hat dazu die Schönheit seiner Lage bei-
getragen. An beiden Ufern der Elbe sich ausbreitend, wird es von sanft
aufsteigenden Bergeshöhen umsäumt, die mit ihren Landhäusern, Wein-
bergen und freundlichen Dörfern dem Stadtbilde einen lieblichen Rahmen
geben. Dresden besitzt auch einen großen Reichtum an herrlichen Palästen
und öffentlichen Bauwerken, die durch die Prachtliebe kunstsinniger sächsischer
Fürsten im Laufe der Jahrhunderte entstanden sind. Weiterhin bergen
die hier vereinigten Museen für Kunst und Wissenschaft reiche Sammlungen
wertvoller und kostbarer Schätze, welche Besucher aus weiter Ferne heran-
ziehen. Alles das hat zusammengewirkt, daß Dresden oft als die schönste
und kunstsinnigste Stadt Deutschlands, als das „Florenz an der Elbe"
gepriesen worden ist. Herder sang von ihm:
„Blühe, deutsches Florenz, mit deinen Schätzen der Kunstwelt!
Stille gesichert sei Dresden Olympia uns!"
Beginnen wir vom Bahnhof Dresden-Neustadt aus eine kurze
Wanderung durch die freundliche Königsstadt!
Unser Weg führt nach dem Kaiser-Wilhelms-Platz, an dem gegen-
über der breiten, vornehmen Königsstraße das Japanische Palais liegt.
Ein schöner Garten, der bis ans Ufer der Elbe reicht und jedem Besucher
offen steht, ziert es. Früher waren die Gemächer mit prächtigem japanischen
und chinesischen Porzellan und mit indischen Tapeten geschmückt, wovon
das Palais den noch heute bestehenden Namen erhielt. 1786 wurde es
nach einem Umbau zur Aufnahme verschiedener Sammlungen der Kunst
und Wissenschaft bestimmt, von denen sich jetzt nur die Königliche Bibliothek
darin befindet mit insgesamt 500000 Bänden.
Beim Weiterschreiten kommen wir an dem Reiterstand bilde
Augusts des Starken vorüber, das vor dem Blockhause in der Neu-
stadt am Eingänge der Hauptallee errichtet worden ist.
Nun betreten wir die Friedrich-August-Brücke, die in 9 weiten
Bogen den Elbstrom überspannt und in einer Länge von 328 Meter die
Neustadt mit der Altstadt verbindet. Sie ist im Jahre 1910 an Stelle
der alten Augustusbrücke getreten, die 500 Jahre dem Verkehr gedient hat.
Ein Blick von der Friedrich-August-Brücke wird jedem unvergeßlich
bleiben. Der lieblich geschwungene Bogen des Elbstromes mit seinen zahl-
reichen Schiffen, vier weitere Brücken, die Albert-, Carola-, Marien- und
die neue Eisenbahnbrücke, die eigenartigen Bauten und villengeschmückten
Gärten und Höhen elbaufwärts über Loschwitz hinaus und auf der ent-
gegengesetzten Seite bis zu den violettschimmernden, steilen Rebenhügeln
der Lößnitz und der Meißner Berge hinab — das gibt ein Rundbild von
TM Hauptwörter (50): [T3: [Stadt Schloß Straße Berlin Kirche Haus Gebäude Platz Garten Universität]]
TM Hauptwörter (100): [T76: [Stadt Straße Haus Schloß Kirche Gebäude Mauer Platz Garten Dorf], T13: [Kirche Dom Zeit Bau Denkmal Kunst Tempel Bild Werk Stadt], T77: [Baum Nacht Himmel Wald Tag Gott Kind Vogel Sonne Blume]]
TM Hauptwörter (200): [T25: [Stadt Schloß Straße Garten Berg Dorf Nähe Park Ufer Haus], T199: [Universität Berlin Bibliothek Leipzig Schloß München Jahr Museum Schule Gymnasium], T0: [Kirche Haus Gebäude Stadt Straße Säule Platz Fenster Seite Palast], T81: [Herz Himmel Gott Welt Lied Leben Auge Erde Land Nacht]]
281
Terrassen gegen die Elbe kehren sollte. Der Zwinger bildet ein 250 Meter
langes und 100 Meter breites Viereck, dessen weiten Raum ein langer
Slulengang mit sechs Kuppelgebäuden und drei Prachttoren umschließt und
in dessen Mitte seit 1843 das Denkmal Friedrich Augusts des Gerechten,
ein Werk Rietschels, aufgestellt ist. .
Verschiedene Sammlungen, wie der mathematisch-physikalische Salon,
das Naturalienkabinett, das geologische Museum u. a., sind in den Zwinger-
bauten untergebracht. In der Gemäldegalerie, in der sich die herr-
lichsten Ölgemälde fremder und deutscher Meister, namentlich älterer Schulen,
bcsinden, bewundern wir vor allem Raffaels Sixtinische Madonna,
die einst für zwanzigtausend Dukaten angekauft wurde. Die Mutter Gottes
schwebt mit dem Kinde auf dem Arme aus den Wolken, die sich zu lauter
Engelsköpfen gestalten, hernieder, um den heiligen Sixtus und die Barbara
zu segnen. Als Seitenstück zur Madonna von Raffael besitzt die Galerie,
die ebenfalls viel bewunderte Madonna von Holbein. Von den übrigen
älteren Meisterwerken seien nur noch hervorgehoben die „Heilige Nacht"
von Correggio und Tizians „Zinsgroschen". In den letzten Jahrzehnten
sind auch neuere Werke angekauft worden, besonders solche von Dresdner
Künstlern, und es hat die Galerie auf diese Weise eine sehr schätzenswerte
Bereicherung erfahren.
Eine hervorragende Stätte der Kunst ist das neue, von Semper
erbaute Hoftheater, eins der schönsten Theater der Welt, eröffnet am
3. Februar 1878.
Nun wenden wir uns der Brühlschen Terrasse zu. Schwerlich
mird man in der Mitte einer andern Stadt einen gleich bequemen, schattigen
Spazierweg wiederfinden, der hoch über dem Ufer eines Stromes sich hin-
zieht und die buntesten Bilder darbietet. Auf den einundvierzig Stufen
einer schönen, 13 Meter breiten Freitreppe steigt man zu dem Brühlschen
Garten empor. Gegenwärtig ist der Terrasse ein neuer Schmuck in den
Akademie- und Ausstellungsgebäuden erstanden, die den bildenden
Künsten gewidmet sind. In dem Albertinum haben die Werke der Bild-
hauerkunst alter und neuer Zeit Aufstellung gefunden. Zwischen und neben
den Neubauten erblickt man in schlichter, aber dennoch vorzüglicher Aus-
führung die Denkmäler der Meister Rietsche! und Semper. Wundervoll
nimmt sich das auf einem Vorsprunge der Terrasse erbaute, weltbekannte
Belvedere aus, der Sammelpunkt für „alle Welt", besonders anziehend,
wenn es bei Nacht im Glanze einer feenhaften Beleuchtung weit in das
Elbtal hinausstrahlt. Gegenüber der Terrasse erheben sich am jenseitigen
Elbufer, dem Königsufer, die vereinigten Gebäude der Ministerien, von
denen das eine dem Finanzministerium zugewiesen ist, das andere die
Ministerien des Kultus und öffentlichen Unterrichts, das Ministerium des
Innern und der Justiz in sich birgt. Auf der Altstädter Seite steht als
Abgrenzung der Terrasse das Zeughaus.
Imponierend und gewaltig ragt unweit der Terrasse die Kuppel der
herrlichen Frauenkirche empor. Ihr Schöpfer war Georg Bahr, ein
schlichtes, sächsisches Dorfkind, im Jahre 1666 zu Fürstenwalde im Erz-
TM Hauptwörter (50): [T3: [Stadt Schloß Straße Berlin Kirche Haus Gebäude Platz Garten Universität], T9: [Tempel Stadt Kirche Säule Zeit Gebäude Bau Mauer Haus Dom], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand]]
TM Hauptwörter (100): [T13: [Kirche Dom Zeit Bau Denkmal Kunst Tempel Bild Werk Stadt], T76: [Stadt Straße Haus Schloß Kirche Gebäude Mauer Platz Garten Dorf]]
TM Hauptwörter (200): [T0: [Kirche Haus Gebäude Stadt Straße Säule Platz Fenster Seite Palast], T199: [Universität Berlin Bibliothek Leipzig Schloß München Jahr Museum Schule Gymnasium], T25: [Stadt Schloß Straße Garten Berg Dorf Nähe Park Ufer Haus], T81: [Herz Himmel Gott Welt Lied Leben Auge Erde Land Nacht], T179: [Gott Mensch Wort Welt Erde Glaube Herr Sünde Himmel Satz]]
Extrahierte Personennamen: Friedrich_Augusts Friedrich Augusts Barbara Raffael Madonna_von_Holbein Correggio Dresdner
Künstlern Georg_Bahr
282
gebirge geboren. Die Grenzen seines Vaterlandes hatte Bähr nie über-
schritten, sodaß er durchaus keine Anregung durch den Anblick bedeutender
Bauten empfangen konnte. Nach Dresden gekommen, schöpfte er als „des
Rates Zimmermeister" ganz aus sich selbst heraus den genialen Bau-
gedanken der Frauenkirche, der ihn neben Michelangelo, den Erbauer der
Peterskirche in Rom, und Christopher Wren (Westmiuisterabtei in London)
stellt. Mit zäher Energie führte der bescheidene Meister trotz aller An-
griffe neidischer Kunstgenossen seinen Plan aus.
Wenden wir uns zur Fortsetzung unseres Rundganges wieder zurück
nach dem Schloßplätze mit dem König-Albert-Denkmal! Wir durch-
schreiten das lange, dunkle Gcorgentor und kommen durch die überaus
belebte Schloßstraße, deren glänzende Schauläden eine geschäftige und
schaulustige Menge heranlocken und deren Menschengewühl uns die Groß-
stadt anzeigt, nach dem Altmarkt. In der Mitte ragt als Sieges-
denkmal die „Germania", Robert Henzes vielbewundertes Kunstwerk,
in die Höhe. An dem Ring erhebt sich unweit der Kreuzkirche der
stattliche Bau des Neuen Rathauses.
Im Süden der Stadt steht wie eine gewaltige Eigangspforte der
Hauptbahnhof, der dem ausgedehnten Personen- und Güterverkehr der
sächsisch-böhmischen und der Freiberg-Chemnitzer Bahn als Mittelpunkt
dient und mit dem Bahnhof Wettinerstraße und dem Bahnhof Dresden-
Neustadt in Verbindung steht.
Neben den Bauten und Kunstschätzen wird das Auge weiter durch
geschmackvoll hergestellte und wohlgepflegte gärtnerische Anlagen erfteut.
Aus Dresdens glanzvoller Zeit stammen die großartigen Anlagen des
Großen Gartens, eines Parkes außerhalb der Stadt von 140 Hettar
Fläche mit einem Palais im italienischen Villen-Nenaiffancestil. Der Große
Garten diente früher gleich dem Jagdschlösse zu Moritzburg dem Hofe zur
Abhaltung glänzender Sommerfeste. Jetzt zieht, wie der Berliner in den
Tiergarten, der Wiener in den Prater, der Pariser in das Boulogner
Gehölz, der Dresdner Spaziergänger hinaus in den Großen Garten und
erfteut sich an den alten, mächtigen Eichen und Linden, an dem Konzert
der munteren heimischen Singvögel, an den klaren, fischreichen Teichen
und an den wohlgepflegten Baum- und Pflanzengruppen.
Für die zahlreichen, in der Residenzstadt Dresden stattfindenden Aus-
stellungen aus den verschiedensten Gebieten der Kunst und Technik ist in
der Nähe des Großen Gartens an der Stübel-Allee ein festes Aus-
stellungsgebäude erbaut worden, das eine neue Zierde der Stadt
geworden ist.
So sehen wir Natur und Kunst wetteifern in der Schmückung der
Stvdt, die einen Hauptanziehungspunkt der reiselustigen Welt bildet. Nicht
bloß Angehörige des Sachsenlandes, sondern Menschen aus aller Herren
Ländern finden sich hier zusammen; Engländer, Amerikaner und Russen
bilden hier ganze Kolonien, angelockt durch die schöne Natur und die
reichen Kunstschätze im lieblichen „Elbflorenz". Nach H. snkei.
TM Hauptwörter (50): [T3: [Stadt Schloß Straße Berlin Kirche Haus Gebäude Platz Garten Universität]]
TM Hauptwörter (100): [T76: [Stadt Straße Haus Schloß Kirche Gebäude Mauer Platz Garten Dorf], T13: [Kirche Dom Zeit Bau Denkmal Kunst Tempel Bild Werk Stadt]]
TM Hauptwörter (200): [T25: [Stadt Schloß Straße Garten Berg Dorf Nähe Park Ufer Haus], T0: [Kirche Haus Gebäude Stadt Straße Säule Platz Fenster Seite Palast], T81: [Herz Himmel Gott Welt Lied Leben Auge Erde Land Nacht], T199: [Universität Berlin Bibliothek Leipzig Schloß München Jahr Museum Schule Gymnasium]]